Neues vom BGH


Neues vom BGH

„Die Grundsätze des Senatsurteils vom 12. Oktober 2005 (BGHZ 164, 297) über die Klauselersetzung nach § 172 Abs. 2 VVG und den Mindestrückkaufswert sind auch auf die fondsgebundene Lebensversicherung anzuwenden“, so das höchste Deutsche Gericht.

Fondspolicen stehen bei den Versicherungen für dynamischere Wertentwicklung, als sie die klassische Kapital-Lebensversicherung oder Rentenversicherung bietet und konnten so in den letzten Jahren immer häufiger verkauft werden.

Da beim Abschluss eines derartigen Produktes die Rückkaufswerttabellen nicht immer genau untersucht werden, häufig der Wunsch des Kunden nach höherer Rendite überwiegt und er aufgrund von fehlenden Informationen ganz falsche Prioritäten beim Abschluss setzen muss, weicht die Möglichkeit der richtigen Produktortung für ihn in weite Ferne.

Während die Versicherungsunternehmen über glasklare Statistiken von Stornoquoten, Sterbetafeln, Beitragsfreistellern und jeder Menge weiterer Indikatoren und Maßzahlen verfügen, um sich nicht in der Reihe der Verlierer bei einem Vertragsverhältnis einreihen zu müssen, tappen die Kunden weiter im Dunkeln.

Diese kalkulieren nämlich bei Fondspolicen vor allem mit einer überdurchschnittlichen Rendite ihrer eingezahlten Beiträge, wissen in der Regel jedoch nicht, dass die ausgegebenen Renditeversprechungen sich nur auf den Sparanteil beziehen und nehmen z.B. eine Absicherung für schwere Krankheiten o.ä. mit auf, ohne sich über die realistischen Konsequenzen des Gesamtwerks bewusst zu sein. Der Mangel an Kenntnis darüber sorgt so für eine zwangsläufig falsche, da nicht alle Fakten umfassende, Kalkulation des Kunden. Der Gedanke an Kündigung ist im kaufmotiverten Gespräch sinniger Weise stark untergeordnet.


Eine sehr wichtige Information die ihm darstellt, dass er mit großer Wahrscheinlichkeit den Vertrag gar nicht bis zum Ende durchhält und diesen Umstand entsprechend bei seiner Entscheidung einstuft, entgeht ihm komplett, denn der Vermittler wird ihn nicht darauf hinweisen und die Versicherung tut es auch nicht.


Üblich sind jedoch Stornoquoten von rund 7% jährlich und dies summiert sich bereits nach 10 Jahren auf satte 50% aller Verträge. Das eigentliche Ziel, beispielsweise eine 30-jährige Laufzeit zu erreichen gerät unter diesem Aspekt zum großen Ausnahmefall, erläutert Professor Michael Adams von der Universität Hamburg bei seinem Vortrag über Stornoquoten dazu.

Wäre dem Kunden dieser Umstand bewusst, würde er eine ganz andere Gewichtung beim Abschluss setzen, denn der Regelfall ist die vorzeitige Beendigung des Versicherungsvertrags.


Sinniert man über diese Tatsache, dass es die Ausnahme ist, den Vertrag zu Ende zu führen und den Normalfall darstellt, dass der Vertrag vorzeitig beendet wird und somit eine äußerst gewichtige Information ist, die dem Kunden bei Abschluss des Vertrages wohl wissend – denn die Versicherungsunternehmen kennen ja ihre Zahlen haargenau – vorenthalten wird, sieht man die Misere des Antragstellers sehr deutlich. Von einem „transparenten Versicherungsvertrag“ sind wir also noch Meilen entfernt.

Es wird dem Konsumenten verunmöglicht, eine objektive Entscheidung zu treffen. Eine produktübergreifende Veröffentlichungspflicht dieser Statistiken in den Anlagen des Versicherungsscheins bei Abschluss wäre hier sicherlich wünschenswert und könnte den Blick des Kunden schärfen. Eh fragt man sich, wieso dies nicht die Pflicht ist, wenn es doch die Regel darstellt?
Gesellschaften, die diesem Umstand mit hohen Rückkaufswerten von Anfang an Rechnung trügen, könnten es vermutlich als gutes Verkaufsargument nutzen.

Überprüft man Fondsgebundene Versicherungen auf dieses Szenario, stellt man fest, dass die Rückkaufswerte der ersten Jahre häufig noch kläglicher ausfallen, als bei der klassischen Kapital-Lebens- oder Rentenversicherung.

Nicht selten gilt in den ersten zwei bis drei Jahren ein Rückkaufswert von 0,- Euro und das, obwohl der BGH in seinen Urteilen aus dem Jahr 2005 Mindestrückkaufswerte formulierte. Doch alle uns bekannten Versicherer blieben standhaft bei der Ansicht, dass Fondspolicen vom BGH-Urteil 2005 gar nicht betroffen seien und teilten dies Ihren Kunden auch auf Anfrage schriftlich mit.

Prof. Dr. Hans-Peter Schwintowski von der Humboldt-Universität in Berlin vertrat den Standpunkt der Gleichbehandlung der beiden Vertragstypen bei vorzeitiger Kündigung gemäß der 2005er Rechtsprechung schon sehr früh und unterstützte somit dieses Anliegen.

Obwohl das Urteil des BGH nicht als reiner Erfolg für den Verbraucher zu werten ist, sorgt es doch nun für juristische Klarheit über den Nachzahlungsanspruch. Bisher war es die Regel, dass Versicherungen mit Schreiben an Ihre abtrünnigen Kunden wandten und lapidar mitteilten, Ihre Policen seinen von der aktuellen Rechtsprechung des BGH nicht betroffen.